Gelegentlich macht es Sinn, sich mal etwas genauer mit den zentralen Begriffen auseinanderzusetzen.
Definition von Rassismus
Rassistisch ist jede Praxis, welche Menschen diskriminiert, beleidigt, bedroht, verleumdet oder an Leib und Leben gefährdet wegen gruppenbezogener körperlicher Merkmale (wie Hautfarbe) und/oder ethnischer bzw. nationaler Herkunft und/oder bestimmter kultureller Merkmale (wie Sprache, Religion, Lebensstil oder Namen).
Die rassistische Praxis kann von spontanen oder politisch geschürten Gefühlen der Ablehnung des „Andersartigen“ (Fremdenfeindlichkeit), von einem gesetzlich verankerten strukturellen Rassismus und/oder von rassistischen Ideologien (vgl. unten) hervorgerufen sein.
Sie beginnt häufig „im Kleinen“, in der Trennung zwischen WIR und IHR bzw. DIE DA. Analysieren Sie mal Postings im Internet. Beispielsweise Vol.at. Sie werden die hier unten angeführten Ideen finden. Auch wenn es wohltun kann, sich mal richtig auszukotzen – überlegen Sie, was Sie mit Ihrem Beitrag bewirken können. Bleiben Sie kritisch und halten Sie gegen menschenrechtsfeindliche Äußerungen.
Definition Kulturrassismus
Kulturrassistisch ist jede Ideologie, welche die folgenden drei Ideen miteinander verbindet.
1. Konstruktion einer Gruppenidentität: Menschen werden aufgrund bestimmter körperlicher oder kultureller Merkmale oder aufgrund ihrer religiösen oder ethnischen oder nationalen Zugehörigkeit in Abstammungsgemeinschaften [„Rassen“ im weitesten Sinne] eingeteilt.
Kulturrassistische Ideologie: Bsp. zu 1) „Die Vorarlberger sind eine geschichtlich gewachsene Gemeinschaft mit einem eigenen Kulturerbe“.
2. Behauptung einer kulturellen Wesensart: Den Mitgliedern solcher imaginärer Gemeinschaften wird eine gemeinsame Kultur oder Mentalität zugeschrieben.
Bsp. zu 2) „Der Leistungswille ist eine typische Eigenschaft der Vorarlberger*innen.“
3. Bewertung der Unterschiede zwischen den Gruppen: Es wird behauptet, dass es zwischen solchen Gruppen aufgrund der zugeschriebenen Stereotypen eine Rangfolge von Höher- und Minderwertigkeit gebe oder aber eine grundsätzliche Unverträglichkeit.
Bsp. zu 3) „Die Vorarlberger*innen sind nun mal fleißiger als die Italiener*innen.“ Oder ein Werbespruch des ORF Vorarlberg: „Die Besten im Westen!“
Rassistische Ideologien dienen dazu, rassistische Praktiken und Privilegien zu rechtfertigen. Manchmal werden sie auch als direkte Mittel zur Demütigung von Anderen eingesetzt.
Nach Sutter, Alex (2006): „Was heisst (Kultur-)Rassismus? Pdf-Arbeitsblatt“
Und noch etwas Wissen von der Deutschen Bundeszentrale für Politische Bildung:
Rassen? Gibt’s doch gar nicht!
Am Anfang des Rassismus steht die Einteilung der Menschheit in „Rassen“. Zwar ist wissenschaftlich längst widerlegt, dass es so etwas wie Menschen“rassen“ gäbe, aber trotzdem halten viele weiterhin daran fest. Genetisch-biologisch spielt das Konzept also schon längst keine Rolle mehr – gesellschaftlich jedoch sehr wohl.
Die Einteilung der Menschen in „Rassen“ hat nach heutiger Erkenntnis keine wissenschaftlich begründete Grundlage. Und doch existieren „Menschenrassen“ tatsächlich. Nicht als biologische Fakten, sondern als – unbewusste – Denkstrukturen und Urteile in unseren Köpfen. Die Vorstellung, dass es „Rassen“ gäbe mit je unterschiedlichen Eigenschaften, prägt – sicherlich individuell unterschiedlich und vom Grad der kritischen Auseinandersetzung abhängig – gesellschaftliche Strukturen, individuelle Wahrnehmung und individuelles Verhalten. Diese Vorstellung ist also wirkmächtig in unserem Denken und sozialen Interaktionen. Und dies in dreifacher Hinsicht:
- Das menschliche Denken tendiert dazu, zu vereinfachen. Um die Komplexität der Welt schnell erfassbar zu machen, werden Kategorien gebildet und Wahrnehmungen und Beobachtungen diesen Kategorien zugeordnet. Durch die Prägung unseres sozialen Umfelds übernehmen wir vorstrukturierte Kategorien: so werden beispielsweise Menschen in verschiedene Gruppen eingeteilt und gegeneinander abgegrenzt. Dies lässt wenig Raum für Übergänge oder Uneindeutigkeiten; es werden klare, an Kontrasten orientierte Grenzen gezogen. Welche Unterscheidungen wir treffen und welche Kategorien wir bilden, ist erlernt und nicht einfach gegeben.
- In Bezug auf Vorstellungen von „Rasse“ führt solch typologisches Denken dazu, Menschen aufgrund äußerlicher Merkmale wie der Hautfarbe in angeblich homogene Gruppen wie „Schwarze“, „Weiße“ und „Gelbe“ einzuteilen. „Rassen“ meint man dann zu „sehen“, obgleich es nur Menschen mit dunklerer oder hellerer Hautfarbe gibt. Die Namen beruhen auf einer von der Wirklichkeit stark abweichenden Typenbildung: „Weiße“ sind nicht weiß, „Schwarze“ nicht schwarz, „Gelbe“ nicht gelb. Die Hautfarbe als Grundlage dafür zu nehmen, verschiedene Gruppen zu definieren, ist unsinnig und willkürlich, da sie wie andere genetisch bestimmte Merkmale des Menschen ein Kontinuum darstellt, also durch zahlreiche Übergänge gekennzeichnet ist. Außerdem variiert die Tönung der Haut innerhalb der Gruppen stark.
Einteilungen in „Rassen“ waren und sind stets mit gesellschaftlichen und politischen Interessen verbunden. Daher werden äußerliche Merkmale wie „Hautfarben“ mit angeblichen Wesensmerkmalen der Menschen verknüpft. Man ist dann davon überzeugt, dass „Rassen“ unterschiedliche psychische, soziale und kulturelle Fähigkeiten haben und einige Menschen aufgrund ihrer „Rasse“ anderen Menschen über- bzw. unterlegen sind – so werden z.B. Trennung (Segregation), Ausgrenzung und soziale Zurücksetzung (Diskriminierung) sowie Unterdrückung und Gewalt als „natürlich“ legitimiert.
Kattmann, Ulrich: „Rassen? Gibt’s doch gar nicht!“
Bleiben Sie achtsam und wachsam.
Gerhart Hofer
Anlaufstellen und Beratung:
In Vorarlberg ist der Landesvolksanwalt Anlaufstelle für alle Formen von Diskriminierung
Im Bundeskanzleramt gibt es eine Hotline gegen Diskrimierung und Intoleranz, wo Betroffene anrufen können: +43 (0) 800 222 666 (gebührenfrei aus ganz Österreich)
Wichtigste Organisation der Zivilgesellschaft ist ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit), wo Betroffene von Rassismus und Hass im Netz kostenlos Beratung bekommen. Für alle empfehlenswert sind die Workshops und Trainings zu diesen Themen und der jährliche Rassismus-Report.